VOM UNTERTRETEN, AUFRICHTUNG UND …VERSAMMLUNG

Gerade in der altkalifornischen Reitweise nehmen die Begriffe Versammlung und Aufrichtung einen hohen Stellenwert ein und sind für die meisten Reiter ein hohes Ziel, welches es zu erreichen gilt.

Was aber bedeuten diese Begriffe und wie hängen sie zusammen?Das Versammlung etwas mit der Hinterhand des Pferdes zu tun hat ist den meistern Reitern natürlich klar. Oft wird aber z.B. das Vorfußen des Hinterbeins in die Spur des Vorderhufs oder gar darüber hinaus als Versammlungsbereitschaft oder gar Versammlung definiert. Dies hat jedoch aber leider überhaupt keine Aussagekraft im Bezug auf die Lastaufnahme, sondern hat allenfalls mit der Körperlänge des Pferdes und vor allem mit dem Schub zu tun, also dem Gegenteil der Tragkraft. Genau so weit wie das eine Hinterbein nach vorne greift, greift auch das jeweils andere nach hinten aus und schiebt. Betrachten wir z. B. einen Traber, dann fußt dieser sogar am Vorderfuß vorbei, es würde aber sicherlich keiner von Versammlung sprechen, im Gegenteil.

Betrachten wir uns im Gegenzug ein Pferd in höchster Versammlung, der Levade, bewegen sich die Hinterbeine gar nicht mehr und stehen außerdem natürlich nicht vor den Vorderbeinen, da das Pferd dann schlicht nach hinten umkippen würde. Nun wäre es falsch daraus zu schließen, dass es lediglich gilt die Schrittlänge zu verkürzen, wenngleich die Verkürzung der Schubphase, bzw. ein früheres Abfußen des schiebenden Hinterbeins, ein wichtiger Teil ist. Hinzu kommt ein Abkippen des Pferdes im Becken, wodurch die Bewegungsmechanik der Hinterhand weiter unter den Schwerpunkt gebracht wird. Dadurch entsteht eine verstärkte Beugung der Gelenke der Hinterhand (den Hanken). So ist z.B. eine Levade keine antrainierte Zirkuslektion, sondern lediglich das Resultat der maximalen Beugung der Gelenke (wie bspw. in der Piaff), wodurch das Pferd schlicht die Hinterhufe nicht mehr heben kann und sich in der Vorhand erhebt, da die Vorderbeine keinen Platz mehr unter dem Brustkorb finden.

Bei einem korrekt gearbeiteten und versammelten Pferd hebt sich der Widerrist (was er auch bereits im korrekten Vorwärts – Aufwärts tut). Hierdurch hebt sich ausserdem der Hals und das Genick, was wir als Aufrichtung bezeichnen.

Die Aufrichtung des Halses mit dem Genick als absolut höchstem Punkt ist hierbei schlicht das Resultat einer korrekt gearbeiteten Hinterhand und darf niemals über die Hand erarbeitet werden, da dies zur Folge hätte, dass das Pferd den Brustkorb fallen lassen und den Rücken wegdrücken würde. Aufrichtung und Versammlung sind also immer synchron zueinander zu betrachten. Die Hebung des Widerrists wiederum ist es, was gemeinhin als ein Aufwölben des Rückens verstanden wird und daher oft missverstanden wird. Schauen wir uns z.B. das modern gerittene Westernpferd an, so kann man durchaus von einer Hebung des Rückens sprechen, allerdings findet diese häufig hinter dem Sattel statt (Katzenbuckel), so dass der Widerrist nach unten sinkt, das Pferd das Gegenteil von Aufrichtung zeigt und eben in der hier gewünschten, jedoch falschen Vorwärts Abwärts Haltung läuft, leider einhergehend mit einer Überlastung der Vorhand.

Was bedeutet dies also? Aufrichtung ist eine schlichte Folge einer korrekten Arbeit der Hinterhand in Richtung Versammlung, der vermehrten Lastaufnahme und Kraftübertragung über den Rücken und Hebung des Widerrists bis hin zum Genick.

Dies heißt im Umkehrschluss, dass ein aufgerichtetes Pferd nicht versammelt sein muss, aber eben auch, dass ein Pferd mit tiefem Genick mit Sicherheit nicht versammelt sein kann.

Natürlich fällt es in Abhängigkeit des Exterieurs bestimmten Pferden leichter sich zu versammeln, wohingegen andere Schwierigkeiten haben, aber auch ein überbautes Pferd wird in der Versammlung Aufrichtung zeigen und das Genick deutlich als höchsten Punkt tragen, wenngleich der Weg dahin um ein vielfaches schwieriger ist.

Ergänzend bleibt festzustellen, dass auch Schub notwendig und sinnvoll ist, jedoch nur in einem Maße in dem das Pferd diesen auch tragen kann, ohne auf die Vorhand zu fallen.

Einen weiteren wichtigen Punkt möchte ich nicht unerwähnt lassen. Natürlich brauchen wir auch die innerliche Bereitschaft des Pferdes, sowie die Losgelassenheit um all diese zu erreichen, hierzu aber an anderer Stelle mehr.

Aber ist es nicht genau das, was den Reiz an der Reiterei ausmacht? Nicht nur hochtalentierte und perfekt gebaute Pferde zu arbeiten, sondern auch ein weniger talentiertes durch sinnvolle Gymnastizierung und pferdegerechte Ausbildung zur fördern?!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert