Da ich häufig höre man könne ein Pferd im Bosal nicht stellen oder es wäre eine Zäumung für weit ausgebildete Pferde, hier mal ein paar Gedanken dazu:
Biomechanisch verschiebt sich der Unterkiefer des Pferdes in einer korrekten Stellung im Verhältnis zum Oberkiefer etwas nach außen.
(Dies wird z.B. durch einen Kappzaum begünstigt, da dieser durch die Anbringung an der Longe oben eben genau dies unterstützt und somit wohl das effektivste Hilfsmittel ist um ein Pferd zu stellen.)
Beim Bosal sind die Zügel unten angebracht und der Impuls bringt den Unterkiefer nach innen, also biomechanisch genau falsch herum, was eine Tendenz des Pferdes sich im Genick zu verwerfen begünstigen kann.
Dies heißt aber nicht, dass man das Pferd nicht korrekt stellen kann!
Da die Hilfengebung mit Impulsen erfolgt und auch der Außenzügel regulierend einwirken kann ist es auch im Bosal natürlich möglich ein Pferd korrekt zu stellen.
Der große Benefit des Bosal ist, dass es als einzige Zäumung gleichzeitig vorwärts abwärts dehnend (Einwirkung auf dem Nasenrücken), als auch, und dies ist der meiner Meinung nach weit wichtigere Effekt, vorwärts aufwärts hebend wirkt, nämlich durch die Einwirkung auf die fleischige Wangenpartie des Pferdes.
Sehen wir uns z.B. die Trense an, kann auch diese abwärts dehnend wirken oder aufwärts hebend, aber es sind 2 verschiedene Impulse hierfür notwendig, die nur einzeln gegeben werden können, weshalb das gut gerittene Hackamore Pferd höher im Widerrist und im Genick bricht.
Das Bosal wird und wurde traditionell bereits zur Grundausbildung der Pferde in der Vaquero Horsemanship eingesetzt.
Die Wassertrense war zwar existent, aber immer den Farmern vorbehalten und hatte nie einen großen Stellenwert bis zu dem Zeitpunkt, als schnell viele Pferde für die Kavallerie gebraucht wurden und man hiermit Geld verdienen konnte.
Es besteht also überhaupt keine Notwendigkeit ein Hackamore Pferd erst in der Trense zu reiten, wie es heute oft propagiert wird. Es ist sogar kontraproduktiv, wenn der Reiter sich als Ziel die Ausbildung eines Bridle Horses gesetzt hat und das Pferd später auf blanker Kandare reiten will (“a horse has only one mouth”).
Der Grund warum Pferde heute oft in der Trense gestartet werden ist schlicht und ergreifend, dass man in dieser Zäumung mit weniger reiterlichem Können schnellere Erfolge erzielen bzw. das Pferd zur gewünschten Reaktion „zwingen“ kann.
Dies wird noch forciert durch den häufig zu sehenden Einsatz beider Zügel zur gleichen Zeit, wodurch dem Pferd schlicht und ergreifend Schmerz zugefügt wird, welcher es zum Nachgeben zwingt. Die Wassertrense war immer als ein Gebiss zum einseitigen Zügeleinsatz gedacht, weshalb sie auch gebrochen ist. Optimalerweise bewegt sich lediglich ein Gebissstück, während das andere ruhig im Maul liegen bleibt, aber hierzu mehr an anderer Stelle.
Der Einsatz des Bosals zur kompletten Ausbildung des Vaquero Bridle Horse bis hin zur „Kandarenreife“ durch die Vaqueros ist meiner Meinung nach genug Beweis zur Widerlegung der Theorie man müsse ein Pferd in der Trense starten oder das Bosal ist nur für weit ausgebildete Pferde einzusetzen und ich persönlich kann dies auch nur absolut bestätigen.
Fazit: Das Bosal ist eine Reitzäumung, da bei seitlicher Einwirkung, z. B. an der Longe, ein Kappzaum deutlich besser geeignet ist (Stichwort Unterkiefer). Dies macht auch traditionell Sinn, da die Ausbildung eines Bridle Horses im Sattel statt fand und findet und nur sehr wenig Bodenarbeit beinhaltet – natürlich abgesehen von der Grundausbildung als Basis!
Als Reitzäumung gilt es einige Feinheiten zu beachten, um es korrekt und wirkungsvoll einzusetzen – dann ist es wohl die genialste Zäumung überhaupt.
PS: Ein korrekt angepasstes Bosal liegt rund um die Nase an wie ein gut passender Hut oder Schuh. Es schlackert nicht herum und ist relativ weich. Es verzeiht dem Pferd jeden Fehler, dem Reiter jedoch keinen – “Gentlemen’s Agreement”.
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